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Datum: 20.11.2020

Startschuss für bessere Wasserqualität im Bernsteinsee

Der Veltener Bernsteinsee ist bisher nicht unbedingt für sein sauberes, klares Wasser bekannt. Das wird sich ab sofort ändern, denn die Wasserqualität des Kiessees wird noch in diesem Jahr durch eine Sanierung des Sees deutlich verbessert.

Bild vergrößern: Freuen sich schon auf die kommende Saison am See mit toller Wasserqualität: Michael Kühne, Chef der städtischen REG, verantwortlich für den Badebetrieb am Bernsteinsee, Bürgermeisterin Ines Hübner und der Gewässerökologe Prof. Dr. Olaf Mietz. © Stadt Velten
Freuen sich schon auf die kommende Saison am See mit toller Wasserqualität: Michael Kühne, Chef der städtischen REG, verantwortlich für den Badebetrieb am Bernsteinsee, Bürgermeisterin Ines Hübner und der Gewässerökologe Prof. Dr. Olaf Mietz.

„Wir erhoffen uns von der Maßnahme nicht nur mehr Sicherheit beim Baden. Unser Bernsteinsee wird dadurch auch enorm gewinnen, er wird künftig ein ganz anderes Badegefühl bieten. Das wird den See noch attraktiver machen“, freute sich Bürgermeisterin Ines Hübner, als am heutigen 20. November der Gewässerökologe Prof. Dr. Olaf Mietz mit der Seesanierung beginnen konnte. Nötig wurde die Maßnahme aufgrund der seit Jahren schlechten Sichttiefe des Sees, die insbesondere im Sommer 2018 so niedrig war, dass die Rettungsschwimmer Alarm schlugen. Daraufhin wurde das Institut für angewandte Gewässerökologie GmbH (Seddiner See) beauftragt, die Gewässerqualität zu untersuchen und zu verbessern.

Wie genau soll die Qualität verbessert werden?

Nach Abwägung verschiedener Verfahren entschieden sich die Experten für eine Seesanierung durch die Einbringung von Polyaluminiumchlorid (PAC). Der entscheidende Faktor für die schlechte Wasserqualität ist ein im Bernsteinsee erhöht vorhandener Phosphorgehalt. Phosphor ist ein natürlicher Dünger, der jedoch durch die Jahrzehnte lange intensive Badenutzung im Bernsteinsee im Überfluss vorhanden ist und vor allem auf dem Seegrund, im Seesediment, lagert. Das für die Aufbereitung von Trinkwasser zugelassene Mittel PAC kann dieses Phosphor aus dem Seewasser „fällen“ und in festen Kristallen auf dem Seegrund fest binden. Dadurch wird auch der verschlammte, anaerobe und mit Phosphorverbindungen belastete Seegrund (Sediment) abgedichtet. Aufgrund des fehlenden Sauerstoffs ist dort derzeit kein Leben mehr möglich. Die Sanierung verhindert so zudem, dass künftig Phosphor aus dem Seegrund in das Seewasser abgegeben wird und es zu einem weiteren Überangebot von Nährstoffen (Eutrophierung) in dem vom Grundwasser gespeisten See kommt. Durch ein solches Überangebot kommt es in einem See zu einer extremen Vermehrung von planktischen Mikroalgen (Phytoplankton) und Wasserpflanzen, was wiederum zum "Umkippen des Sees" führen kann, in dessen Verlauf der Sauerstoff im See vollständig verbraucht werden kann und fast alle Organismen im See absterben.


Welche Tiere und Pflanzen leben im Bernsteinsee?

Im Bernsteinsee leben neben verschiedenen Wasserpflanzen sowohl verschiedene Fischarten wie Hechte, Zander und Barsche, aber auch geschützte Arten wie die Große Teichmuschel.

Können noch Pflanzen auf dieser Schicht wachsen?

Wasserpflanzen können die neue Schicht aus Aluminiumphosphat ohne Probleme durchwachsen, vielmehr wird es künftig im klaren Wasser sogar einfacher für die Wasserpflanzen, sich anzusiedeln, denn erst nach der Sanierung kann Licht bis ins tiefe Wasser fallen. Die Pflanzen werden schneller und besser wachsen, auch in größerer Tiefe.

Ist für das Verfahren eine Genehmigung nötig?

Für die sogenannte Sanierung des Sees war eine wasserrechtliche Erlaubnis nötig. Am äußerst umfangreichen Genehmigungsverfahren waren verschiedene Kreisbehörden, unter anderem die Untere Naturschutzbehörde, beteiligt. Es wurde beispielsweise geprüft, welche Auswirkungen das Verfahren auf Flora und Fauna hat, wie mit geschützten Arten umgegangen wird und wie nachhaltig die Maßnahme sein wird. Am 16. November 2020 hat die Untere Wasserbehörde schließlich die wasserrechtliche Genehmigung mit verschiedenen Auflagen für die Seesanierung erteilt. Unter anderem werden täglich verschiedene Messwerte erhoben wie der Sauerstoffgehalt, der pH-Wert, die Sichttiefe und die Leitfähigkeit des Wassers. Das Verfahren wird zudem von Experten begleitet.

Wie genau funktioniert die Sanierung in der Praxis vor Ort?

Über eine Dauer von zehn Tagen werden aus einem Boot nach und nach 50 Tonnen PAC ausgebracht und über die Wasserbewegungen, die der Motor eines zweiten Bootes erzeugt, eingearbeitet. Durch die turbulenten Wasserbewegungen reagiert der Phosphor des Seewassers mit dem eingebrachten Aluminium und bildet eine chemisch extrem stabile Verbindung. Das so entstandene Aluminiumphosphat sinkt auf den Gewässerboden und bleibt dort liegen. Die Einbringung erfolgt erst ab einer Wassertiefe von 3 Metern, um die im Uferbereich lebenden Muscheln zu schonen – dies ist also mehrere Meter vom Ufer entfernt. Der flache Badebereich wird so entsprechend ebenso ausgespart. Während der Maßnahme wird zudem dauerhaft der pH-Wert des Sees überwacht.

Wie lange hält diese Maßnahme vor?

Die Maßnahme ist sehr nachhaltig angelegt. Es wird ein neuer nährstoffarmer Zustand hergestellt und man kann davon ausgehen, dass dieser Zustand ca. zwei Jahrzehnte anhält. Das hängt jedoch auch davon ab, wie sich der Nährstoffeintrag entwickelt, weshalb ab der kommenden Saison unter anderem vermehrt für die Nutzung der neuen Toiletten geworben werden soll.

Welche Auswirkungen hat das auf Menschen, Flora und Fauna?

PAC hat eine Lebensmittelzulassung (entspricht der EN-Norm 883 für Produkte zur Aufbereitung von Wasser für den menschlichen Gebrauch) und wurde zur Aufbereitung von Trinkwasser in der Wahnbach-Talsperre entwickelt. Das Wasser dort wird direkt aus der Talsperre als Trinkwasser genutzt.

Das Verfahren wird zudem seit Jahrzehnten im Nachbarbundesland Mecklenburg-Vorpommern zur Sanierung von Seen genutzt. Durch Überwachungsprogramme konnte nachgewiesen werden, dass über lange Zeiträume nach der Sanierung keine negativen Auswirkungen auf Menschen, Tier und Pflanze auftraten. Diese Gutachten haben die Wasser- und die Naturschutzbehörde bei ihrer Prüfung des Verfahrens berücksichtigt.

Was ist mit dem Aluminium? Ist das nicht schädlich für Menschen?

Eingebracht wird nicht Aluminium (Al), sondern flüssiges Polyaluminiumchlorid, diese Lösung enthält nur 9 Prozent Aluminium. Für die Aufnahme von Al in den menschlichen Organismus wurden zwei Grenzwerte festgelegt: zum einen der Grenzwert in der Trinkwasserverordnung von 0,2 mg/l und zum anderen der TWI (tolerably weekly intake) von 1 mg/kg Körpergewicht pro Woche der EFSA, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit aus dem Jahr 2008. Da es viele verschiedene Aluminiumquellen im Alltag gibt – Kosmetika, Grillschalen bis hin zur Zahnpasta – sollte man es, wo möglich, meiden.

Das zur Sanierung genutzte Aluminium bildet eine chemisch sehr stabile Verbindung mit dem Phosphor aus dem Seewasser. In der Planung zum Vorhaben wurde exakt berechnet, wie viel Aluminium benötigt wird, um das Phosphor im See zu binden. Die chemische Reaktion zwischen Aluminium und Phosphor ist sehr schnell. Damit kann ausgeschlossen werden, dass freies Aluminium nach der Sanierung im Wasser des Sees enthalten ist. Auch auf dem Gewässerboden bleibt die chemische Bindung von Aluminium und Phosphor stabil. Das bedeutet, dass es auch nachträglich nicht zu einer Freisetzung von Aluminium vom Gewässergrund in das Wasser des Sees kommen kann.

Damit kann ausgeschlossen werden, dass sich nach der Sanierung freies Aluminium aus dem eingebrachten Polyaluminiumchlorid oder durch Rücklösung aus dem Sediment im Seewasser befindet. Eine Gesundheitsgefahr besteht damit nicht. Die Prüfung einer solchen Gefahr war zudem Gegenstand der Genehmigung des Vorhabens durch die Untere Wasserbehörde.